Thema:

Ode an die Fremde

(für alle Hab-Dich-Lieb-Facebook-Freunde, die sich im realen Leben nicht kennen)

Weit bist Du, liegst Du, sitzt Du weg
Du bist so fremd, ich kenn dich nicht.
Nicht dein Gesicht und nicht den Rest
Sonst wär´s ein Fest, wenn man mich lässt,
an dich zu denken.
Ich würd mich selbst damit beschenken.
Doch da du weg sitzt, bist oder auch liegst
und einfach gar nichts von mir kriegst,
nicht mal was mit, und umgekehrt, mir auch
von dir nicht nicht mal ein Hauch von Existenz
bewusst, musst Du verzeih´n,
wenn ich falsch reim:
Bist nicht mal ein Gedankenfleck.

Denn schließlich liegst Du in der Ferne,
sitzt und/oder bist.
Ich hab dich auch noch nie vermisst.
Ja, interessant, wie eklatant
man sich so gar keine Gedanken macht,
über Fremde - Komma - unbekannt
Nicht mal ein Funke sich für sie entfacht.
Und kein Gefühl, ob posi- oder negativ,
ob Fluchen oder Sehnen,
entsteht für Diesen oder Jenen,
den man noch nie mit Namen rief.
Mir hier sogar, selbst wenn ich wollte,
oder aus Zwangsgründen auch sollte,
fehlt jegliches Bestreben im Leben,
dass ich dich kennenlerne.

Warum auch, schließlich bist Du fort
Womöglich sitzt, liegst oder Du bist
auf dem Abort
und ein Gedanke frisst
in etwa so in dir:
"Wer ist das bloß, den ich nicht traf,
den ich nicht träume, wenn ich schlaf?
Er ist kein Bild in mir.
Weiß nicht mal, ob er existiert,
er friert oder die Ex ihn grad seziert."
Und so verschwenden wir
- Du dort, ich hier -
wichtige Gedanken, die oft enden mit:
Wo ist denn bloß das Klopapier?
So´n shit.

Doch Abends ist die Fremde nah.
Die Maus, ein Klick, da bist Du ja.
Und noch ein Klick, ich bin dein Freund.
Ich lern dich kennen, virtuell
das geht recht schnell
im Text-Duell,
Wir dreh´n gemeinsam einen Joint.
Du da, ich hier.
Du sitzt, ich lieg.
Du Wein, ich Bier.
Ein Witz, ein Sieg.

Ganz schnell fühlt man sich artverwandt,
wie man auch liegt, ist oder schwitzt,
mit dem, der bisher unbekannt,
doch plötzlich aber ist.
Man glaubt, sich wirklich voll zu kennen.
ist nicht mehr fremd, darf "Freund" sich nennen.
Man tauscht sein Sich untereinander aus,
viel schneller als vor´m eigenen Haus.
Vergisst zu schnell, dass eben
zum realen Leben
und zum wirklich wahren Kennen
mehr gehört, als kurz vor´m Pennen,
schnell Gedanken abzugleichen.

Denn neben "einfach toll rethorisch",
muss man sich mögen, olfaktorisch.
Und neben großer Worte-Taktik
zählt hier und da auch Haptik.
Wenn alles stimmt, könnt´s reichen.

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